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Fisherman's
Fans
02.03.2001 Chemnitz, Arche Geschlagene
vier Jahre waren vergangen, seit ich Fisherman's Fans letztmalig live
gesehen hatte. Von daher war ich natürlich mächtig gespannt,
in welche Richtung
sich die Jenenser weiterentwickelt hatten. Erste Überraschung war,
daß statt des erwarteten Fünfers lediglich ein Trio auf der
Bühne stand, und zwar bestehend aus
Wolfram (g), Titus (b) und Philipp (dr). Das Nichtmehrvorhandensein der
Komponenten "weiblicher Gesang" und "Tasten" stellte sich auch recht schnell
als Vorteil
heraus. Nicht daß die seinerzeitigen Protagonisten dieser Positionen
nun schlecht gewesen wären, nein, das ganz und gar nicht. Aber trotz
aller Klasse klangen
Fisherman's Fans damals doch recht unoriginell, nach traditionellem Kirchenrock
eben, und die neue Besetzung hat es geschafft, sich ein Stück mehr
Eigenständigkeit zu implantieren. Einen ganzen Grad härter sind
sie (zu meiner Freude) auch noch geworden (allerdings ohne nun gar ins
Hardrockgenre abzudriften), stilsicherer,
routinierter, einfach besser.
Trotzdem
haben es Titus & Co. aber verstanden, ihre Stärken beizubehalten,
wozu Wolframs herausragende
Gitarrenarbeit
im Lead- wie Rhythmusbereich, aber
auch das Sangesvermögen aller Bandmitglieder (man teilte die Leadvocals
brüderlich auf, und auch die Backings waren nicht von schlechten
Eltern, wenngleich man
auf größere chorale Mehrstimmigkeit verzichtete) und das Visualisierungsvermögen
des Evangeliums gehören. Gott als Staubsauger, der den Menschenmüll
zusammensaugt, und Jesus als Wühler in ebenjenem Müllhaufen,
der die Gerechten herauszieht, greifbar gemacht durch einen Staubsauger
von Titus' Großmutter aus
dem Jahre 1936 und kleine, vom Publikum gefaltete Papiermännchen
- plastischer kann man die frohe Botschaft kaum darbringen.
Die gestiegene Spielroutine der Band manifestierte
sich besonders eindrucksvoll, als Wolfram eine Saite riß und die
Gebrüder Welker kurzerhand eine mehrminütige
Jamsession mit Baß und Drums auf die Bretter legten, um die Zeit
zu überbrücken. Auch der ausladende Blues-Schluß von "Der
Psychiater" demonstrierte
überdeutlich, daß die Fisherman's Fans in puncto
Improvisation sehr hoch punkten können und in den Siebzigern im positiven Sinne
gar nicht aufgefallen wären. In
den gesamten knapp zwei Stunden legten sie eine derartige Spielfreude
an den Tag, daß hochgradige Ansteckungsgefahr bestand.
Mein Favorit ist und bleibt jedoch "Das Kreuz", ein
Emotionenhochkoppler aus zwei Akustikgitarren, einem Cello und einem superehrlichen Text über Hoffnung
im
christlichen Sinne, bei dem eine phantastische Ruhe im sonst recht dominanten
Publikum (das die Band gar zwang, "Die Ehre" improvisatorisch zu verlängern,
indem
es einfach den Refrain immer weiter sang) herrschte. Als Zugabe beendete
der Classic "Valley Deep" in analoger Besetzung den Set.
Da bleibt nur ein Urteil: Daumen hoch und weiter
so! Erschienen
im Online-Magazin CrossOver
www.crossover-agm.de
Rubrik: Rezessionen/Events |